Proteste in Venedig beim ersten Besuch der MSC Orchestra
Der erste Besuch eines Kreuzfahrtschiffs in Venedig seit dem Beginn der Corona-Pandemie hat am Samstag einen Massenprotest ausgelöst. Viele Venezianer zeigten sich enttäuscht und verärgert, dass die großen Schiffe auch weiterhin durch die Lagunenstadt fahren dürfen.
Zahllose kleine Boote und Jetskis mit Schildern, Bannern und Spruchbändern begleiteten die MSC Orchestra während ihrer Fahrt auf dem Guidecca-Kanal, auf denen die Demonstranten lautstark ein endgültiges Verbot für alle Kreuzfahrtschiffe in Venedig forderten.
Organisiert wurde der Protest von der Bürgerinitiative „No Grandi Navi“, die auf einen neuen Kreuzfahrtterminal an einem anderen Ort abseits der Stadt drängt. Unterstützung erhielt sie dabei von Prominenten wie Mick Jagger, Tilda Swinton und Regisseur James Ivory. „Diese zerbrechliche Einheit kann nicht überleben, wenn wir so weitermachen“, schrieben sie in einem offenen Brief an die Regierung über das „leidende Venedig“.
Gleichzeitig fand aber auch eine Gegendemonstration zur Unterstützung der Kreuzfahrten statt. Die Teilnehmer schwenkten weiße Flaggen, als die MSC Orchestra vorbeifuhr, und wiesen auf die enorme wirtschaftliche Bedeutung der Schiffe für die Stadt und die Sicherung Tausender Arbeitsplätze hin.
Die italienischen Minister für Infrastruktur, Kultur, Tourismus und Umwelt in Rom hatten sich erst im März dieses Jahres darauf geeinigt, den „Verkehr der großen Schiffe vorübergehend von Venedig nach Marghera umzuleiten“. Damit wolle man „ein kulturelles und historisches Erbe schützen, das nicht nur Italien, sondern der ganzen Welt gehört“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.
Zudem beschlossen die vier Minister einen Ideenwettbewerb für einen neuen Kreuzfahrtterminal außerhalb der Lagune, um „eine strukturelle und endgültige Lösung für das Problem des großen Schiffstransits in Venedig zu finden“. Konkrete Folgen hatte diese Initiative aber bisher nicht – so wie auch einige zuvor seit 2014. Wir haben hier ausführlich über die langjährige Debatte berichtet.
Eine Fahrrinne durch die Lagune zum Industriehafen von Marghera besteht bereits und wird von vielen Fracht- und Container-Schiffen genutzt. Sie verläuft nahe am Festland – und damit weit weg von Venedig. In Marghera gibt es aber keinerlei Infrastruktur für Kreuzfahrtschiffe. Pläne dafür müssten erst ausgearbeitet werden – und so etwas kann in Italien locker einige Jahre dauern.
Die MSC Orchestra wird Venedig in diesem Sommer jeden Samstag einen Besuch abstatten. Die Lagunenstadt ist Start- und Zielpunkt eine neuen siebentägigen Route, die über Bari zu den griechischen Inseln Korfu und Mykonos sowie nach Dubrovnik führt. Auf einen anderen Hafen – wie etwa Triest – auszuweichen, ist daher wohl keine Option.