Aranui: Auf den Spuren von Herman Melville auf Nuku Hiva

Her­man Mel­ville ver­ar­bei­tete im Ro­man „Ty­pee“ sein rea­les Zu­sam­men­le­ben mit ei­nem In­di­ge­nen-Stamm auf der Mar­que­sas-In­sel Nuku Hiva im Jahr 1842. Da­bei streute er je­doch auch ei­nige fik­tive Ele­mente ein, um der Ge­schichte ei­nen bes­se­ren Le­se­fluss und mehr Span­nung zu ge­ben.

Den Na­men Her­man Mel­ville kann si­cher­lich nicht je­der Le­ser pro­blem­los zu­ord­nen. Doch spä­tes­tens, wenn man das po­pu­lärste Werk des ame­ri­ka­ni­schen Schrift­stel­lers er­wähnt, fällt di­rekt der Gro­schen, denn er ist der Au­tor von „Moby Dick“.

Nuku Hiva (c) Sté­phane Mai­lion Pho­to­gra­phy

Aus heu­ti­ger Sicht we­ni­ger be­kannt ist hin­ge­gen der Ro­man „Ty­pee“ (deut­scher Ver­lags­ti­tel: „Taipi“), den Her­man Mel­ville 1846 – noch fünf Jahre vor „Moby Dick“ – ver­öf­fent­lichte. In die­sem Ro­man geht es um sein rea­les Zu­sam­men­le­ben mit ei­nem In­di­ge­nen-Stamm auf der Mar­que­sas-In­sel Nuku Hiva im Jahr 1842. Doch was führte ihn über­haupt nach Nuku Hiva?

Nach­dem Mel­vil­les Fa­mi­lie im Jahr 1830 in große fi­nan­zi­elle Schwie­rig­kei­ten ge­ra­ten war, musste Her­man 1831 mit ge­rade ein­mal zwölf Jah­ren die Schule ver­las­sen, um die El­tern mo­ne­tär zu un­ter­stüt­zen. Im Zuge des­sen ar­bei­tete er in den fol­gen­den Jah­ren un­ter an­de­rem als kauf­män­ni­sche Hilfs­kraft in ei­ner Bank, als Ge­hilfe auf der Farm sei­nes On­kels und im Pelz­ge­schäft sei­nes Bru­ders.

Tra­di­tio­nelle Tän­zer auf Nuku Hiva (c) Ara­nui Crui­ses

Im Jahr 1841 heu­erte er schließ­lich in Nan­tu­cket auf dem Wal­fän­ger „Acush­net“ an, der auf Fang­fahrt in den Pa­zi­fik auf­brach. Die Be­din­gun­gen an Bord er­schie­nen Mel­ville al­ler­dings so un­zu­mut­bar, dass er 1842 auf dem ers­ten Zwi­schen­stopp ge­mein­sam mit dem Ma­tro­sen Ri­chard To­bias Greene de­ser­tierte – und zwar in der Bucht von Tai­o­hae auf Nuku Hiva.

Auch die heu­ti­gen Pas­sa­giere ei­ner Mar­que­sas-Kreuz­fahrt mit dem mo­der­nen Fracht- und Pas­sa­gier­schiff Ara­nui 5 lan­den in der Bucht von Tai­o­hae und kön­nen sich bild­lich vor­stel­len, wie die bei­den Män­ner hier am Strand von Bord spran­gen und da­von rann­ten.

Strand von Nuku Hiva (c) Ara­nui Crui­ses

Ein wei­te­res his­to­ri­sches High­light ist das Tal von Tai­pi­vai, das Mel­ville und Greene zu er­rei­chen ver­such­ten und da­bei vom Stamm der „Ty­pee“ ge­fan­gen ge­nom­men wur­den. Wäh­rend Greene nach ei­ni­ger Zeit flie­hen konnte, blieb der am Bein ver­letzte Mel­ville not­ge­drun­gen bei den In­di­ge­nen und be­ob­ach­tete vier Wo­chen lang de­ren Zu­sam­men­le­ben, be­vor er auf ei­nem aus­tra­li­schen Wal­fän­ger ent­kam.

Mel­ville schil­derte in sei­nem Ro­man „Ty­pee“ die Zeit sei­ner Ge­fan­gen­schaft und das Le­ben im Stamm je­doch kei­nes­falls ne­ga­tiv. Er be­schrieb zwar die „Ty­pee“ mehr­fach als kan­ni­ba­lis­tisch, doch diese Be­haup­tung muss aus heu­ti­ger Sicht als fik­ti­ves, die Span­nung stei­gern­des Ele­ment ver­stan­den wer­den.

Tra­di­tio­nelle Tän­zer auf Nuku Hiva (c) Ta­hiti Tou­risme

Denn gleich­zei­tig be­tonte er mehr­fach die Vor­züge des Stam­mes­le­bens ge­gen­über der Le­bens­weise in Nord­ame­rika und Eu­ropa. Bei den „Ty­pee“ gab es nach Mel­vil­les Schil­de­rung kaum Krank­hei­ten, keine Strei­tig­kei­ten um Ei­gen­tum, keine Ar­mut so­wie kei­nen Hun­ger und keine so­zia­len Kon­flikte – und die Frauen seien „über­ir­disch schön“ ge­we­sen.

Au­ßer­dem be­schreibt Mel­ville die In­di­ge­nen als arg­los-kind­lich und mo­ra­lisch un­ver­dor­ben. Kri­ti­siert der Ich-Er­zäh­ler die „Ty­pee“ doch ein­mal oder spot­tet über sie – etwa in Be­zug auf ihre Tä­to­wie­run­gen, die Viel­fach-Ehe oder den an­geb­li­chen Kan­ni­ba­lis­mus – stellt er gleich die aus sei­ner Sicht noch schlim­me­ren Zu­stände in der west­li­chen Welt ge­gen­über, wel­che die frem­den Ge­bräu­che über­le­gen und ra­tio­na­ler er­schei­nen las­sen.

Ara­nui 5 vor Nuku Hiva (c) Ara­nui Crui­ses

Da aus Mel­vil­les rea­len vier Wo­chen bei dem Stamm im Ro­man au­ßer­dem vier Mo­nate wer­den, ist es heute schwie­rig, die wah­ren Er­leb­nisse des Schrift­stel­lers von der Fik­tion zu un­ter­schei­den. In­wie­weit Mitte des 19. Jahr­hun­derts pa­ra­die­si­sche Zu­stände auf den Mar­que­sas-In­seln herrsch­ten, lässt sich also auf Grund­lage von „Ty­pee“ nicht ab­schlie­ßend be­ur­tei­len.

Heut­zu­tage bie­ten die Mar­que­sas ih­ren Be­su­chern je­den­falls zwei­fel­los pa­ra­die­si­sche Er­fah­run­gen, die de­ren Le­ben min­des­tens ge­nauso nach­hal­tig prä­gen dürf­ten wie das von Her­man Mel­ville. Ara­nui Crui­ses bie­tet al­len In­ter­es­sier­ten die Mög­lich­keit, sich selbst da­von zu über­zeu­gen und un­ter an­de­rem an den Ori­gi­nal­schau­plät­zen auf Nuku Hiva in die hier noch sehr le­ben­dige Ge­schichte ein­zu­tau­chen.

www.aranui.com

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