Hurtigruten

Hurtigruten warnt: Häfen müssen Landstrom schneller ausbauen

Un­si­cher­hei­ten und feh­lende Ver­füg­bar­keit von al­ter­na­ti­ven En­er­gien sind für Ree­de­reien ein er­heb­li­ches Ri­siko auf dem Weg zur grü­nen Schiff­fahrt. Für Gerry Lars­son-Fedde, COO von Hur­tig­ru­ten, steht fest, dass Strom die ein­zige be­währte Tech­no­lo­gie für emis­si­ons­freies Rei­sen auf See ist. Seine For­de­rung da­her ist, dass die Hä­fen den Aus­bau der Land­strom-In­fra­struk­tur deut­lich be­schleu­ni­gen müs­sen.

Lars­son-Fedde be­tont beim sechs­ten De­car­bo­ni­zing Ship­ping Fo­rum in Ham­burg, dass Hur­tig­ru­ten mit­ten in der Ent­wi­cke­lung ei­nes Sea-Zero-Schif­fes stehe, das voll­stän­dig elek­trisch fah­ren wird. Im Prin­zip könne mor­gen mit dem Bau be­gon­nen wer­den. Man bräuchte aber min­des­tens fünf Hä­fen ent­lang der nor­we­gi­schen Küste, in de­nen das Schiff ge­la­den wer­den könne.

Land­strom­an­lage in Tromsø (c) travel4news /​ Eli­sa­beth Ka­pral

Doch die Hoch­leis­tungs-La­de­infra­struk­tur sei ein Eng­pass. Be­reits 2016 habe Hur­tig­ru­ten den Land­strom­aus­bau in sei­ner Flotte be­gon­nen, doch bis heute gäbe es nur drei Hä­fen, die die Schiffe ver­sor­gen kön­nen, und in ei­nem da­von musste Hur­tig­ru­ten die Ver­bin­dung selbst bauen, da­mit über­haupt et­was pas­siert.

„Eine emis­si­ons­freie Pas­sa­gier­schiff­fahrt ist rea­lis­tisch in Reich­weite – aber nur, wenn wir alle im glei­chen Tempo daran ar­bei­ten.“

Gerry Lars­son-Fedde, COO von Hur­tig­ru­ten

Auf die An­mer­kung ei­ner Ver­tre­te­rin der Mit­tel­meer­hä­fen, be­stimmte Kreuz­fahrt­un­ter­neh­men ver­zich­te­ten aus Kos­ten­grün­den auf Land­strom, er­wi­derte Lars­son-Fedde ein­deu­tig, dass er sol­che Aus­re­den stän­dig höre. Aber die Kos­ten für Land­strom seien kein Hin­de­rungs­grund und keine Ent­schul­di­gung, nicht vor­an­zu­kom­men. Hur­tig­ru­ten und auch an­dere Un­ter­neh­men in­ves­tie­ren viel und gin­gen große Ri­si­ken ein, trotz der Un­si­cher­hei­ten bei der In­fra­struk­tur an Land und beim re­gu­la­to­ri­schen Rah­men.

MS Kong Ha­rald in Hon­nings­våg (c) Oli­vier Knöpfli /​ Hur­tig­ru­ten

Al­lein Hur­tig­ru­ten habe über 100 Mil­lio­nen Euro in die Hy­bri­di­sie­rung der Flotte ge­steckt. Er könne aber die Eig­ner kaum um wei­tere 300 Mil­lio­nen Euro für ein emis­si­ons­freies Schiff bit­ten, wenn er nicht wisse, ob es über­haupt wird fah­ren kön­nen.

Für Hur­tig­ru­ten liegt die Ver­ant­wor­tung aber nicht nur bei den Hä­fen. Auch Zu­lie­fe­rer, Mit­be­wer­ber und Be­hör­den sind ge­for­dert, ebenso wie das ei­gene Un­ter­neh­men. Alle hät­ten in der Ver­gan­gen­heit zu viel En­er­gie ver­braucht. Das erste Ziel sei des­halb we­ni­ger Ver­brauch an Bord. In der be­stehen­den Flotte von Hur­tig­ru­ten hole man aus je­dem Sys­tem das Ma­xi­mum her­aus. Das re­du­ziere schon heute Emis­sio­nen und spare Geld, das man in die Zu­kunft mit Sea Zero in­ves­tie­ren könne.

„Wenn die Kreuz­fahrt­bran­che ge­nauso viel En­er­gie in emis­si­ons­freie Lö­sun­gen ge­steckt hätte wie in neue En­ter­tain­ment-An­ge­bote an Bord, wä­ren wir heute sehr viel wei­ter.“

Gerry Lars­son-Fedde, COO von Hur­tig­ru­ten

Auch die Gäste von Sea Zero sol­len künf­tig ak­tiv zum En­er­gie­spa­ren bei­tra­gen. Das Schiff wird mit groß­flä­chi­gen So­lar­pa­nee­len aus­ge­stat­tet. Im Som­mer wird die Mit­ter­nachts­sonne ge­nutzt, um Strom zu er­zeu­gen, un­sere Gäste kön­nen da­mit ihre Han­dys la­den. Mit ei­ner App auf die­sen Han­dys kön­nen sie dann selbst den En­er­gie­ver­brauch ih­rer Ka­bine be­wusst steu­ern.

Hur­tig­ru­ten Nor­we­gen /​ Sea Zero Con­cept © VARD De­sign

Wie ra­sant der Fort­schritt wäh­rend der Ent­wick­lung des Sea Zero Schif­fes ab­läuft, lässt sich der­zeit an der Bat­te­rie­tech­no­lo­gie ab­le­sen. Als mit der Pla­nung be­gon­nen wurde, rech­nete man mit 60 Me­ga­watt­stun­den Bat­te­rie­ka­pa­zi­tät. Heute ist man bei 74 und bis zum Bau­start sind 100 Me­ga­watt­stun­den rea­lis­tisch. Das würde eine Reich­weite von 300 See­mei­len be­zie­hungs­weise 550 Ki­lo­me­tern er­mög­li­chen, ein Viel­fa­ches heu­ti­ger Schiffe mit Bat­te­rie­an­trie­ben.

Die Post­schiffe von Hur­tig­ru­ten fah­ren im Rah­men ei­nes Ver­trags mit der nor­we­gi­schen Re­gie­rung, der 2031 er­neu­ert wird. Der­zeit wird in Oslo be­ra­ten, wie die neuen An­for­de­run­gen auf der Route aus­se­hen sol­len. Erst wenn die Spe­zi­fi­ka­tio­nen fest­ge­legt sind, kann man ein Schiff auf Ba­sis die­ser Vor­ga­ben be­stel­len und Hur­tig­ru­ten das erste emis­si­ons­freie Post­schiff Nor­we­gens auf den Weg brin­gen.

Pro­ject Sea-Zero (c) Vard /​ Hur­tig­ru­ten

Lars­son-Fedde be­tont, dass Sea Zero ist eine nor­we­gi­sche Ge­mein­schafts­leis­tung sei, ein Leucht­turm­pro­jekt. Hur­tig­ru­ten ent­wi­ckelt es mit ei­nem Dut­zend lo­ka­ler Part­ner, von Schiff­bau­ern über An­triebs­spe­zia­lis­ten bis zur staat­li­chen See­fahrts­be­hörde. Die­ses Schiff ist et­was, das alle zu­sam­men bauen wer­den.

www.hurtigruten.de

Elisabeth Kapral

Als Juristin hat Elisabeth gelernt, exakt zu formulieren. Das kommt ihr jetzt zugute, wenn sie für cruise4news schreibt. Worüber sie schreibt, weiß sie dabei ganz genau, denn sie hat in den letzten 15 Jahren mehr als 80 Kreuzfahrten mit den verschiedensten Reedereien unternommen.
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