KREUZFAHRT-WELT

Große Kreuzfahrtschiffe dürfen nicht mehr durch Venedig fahren

Die Bil­der von rie­si­gen Kreuz­fahrt­schif­fen, die auf dem Giudecca-Ka­nal – vor­bei am Mar­kus­platz – quer durch Ve­ne­dig fah­ren, könn­ten Ge­schichte sein. Die ita­lie­ni­sche Re­gie­rung hat je­den­falls ei­nen neuen Ver­such ge­star­tet, alle grö­ße­ren Schiffe vom tou­ris­ti­schen Ha­fen in Ve­ne­dig in den In­dus­trie­ha­fen von Mar­ghera zu ver­le­gen.

Vor­erst gibt es nur eine kurze Er­klä­rung, die von den ita­lie­ni­schen Mi­nis­tern für In­fra­struk­tur, Kul­tur, Tou­ris­mus und Um­welt in Rom ge­mein­sam ver­öf­fent­licht wurde. Man habe sich dar­auf ge­ei­nigt, den „Ver­kehr der gro­ßen Schiffe vor­über­ge­hend von Ve­ne­dig nach Mar­ghera um­zu­lei­ten“, heißt es in dem Do­ku­ment.

Ve­ne­dig (c) tra­vel by tropf

Da­mit wolle man „ein kul­tu­rel­les und his­to­ri­sches Erbe schüt­zen, das nicht nur Ita­lien, son­dern der gan­zen Welt ge­hört“. In ei­ner Vi­deo­kon­fe­renz, so liest man wei­ter, hät­ten die vier Mi­nis­ter zu­dem ei­nen Ideen­wett­be­werb für ei­nen neuen Kreuz­fahrt­ter­mi­nal au­ßer­halb der La­gune be­schlos­sen, um „eine struk­tu­relle und end­gül­tige Lö­sung für das Pro­blem des gro­ßen Schiffs­tran­sits in Ve­ne­dig zu fin­den“.

Mehr ist noch nicht be­kannt – und da­mit blei­ben viele wich­tige Fra­gen vor­erst of­fen. So weiß man zum Bei­spiel nicht, was die vier Mi­nis­ter kon­kret un­ter „gro­ßen Schif­fen“ ver­ste­hen. In frü­he­ren De­kre­ten des Um­welt­mi­nis­te­ri­ums, die dann nie um­ge­setzt wur­den, lag die Grenze ein­mal bei 96.000 BRZ, was ei­ner Ka­pa­zi­tät von rund 2.200 Pas­sa­gie­ren be­deu­ten würde, und ein­mal bei 55.000 BRZ.

Ve­ne­dig (c) pix­a­bay

Eine Fahr­rinne durch die La­gune zum In­dus­trie­ha­fen von Mar­ghera be­steht be­reits und wird von vie­len Fracht- und Con­tai­ner-Schif­fen ge­nutzt. Sie ver­läuft nahe am Fest­land – und da­mit weit weg von Ve­ne­dig. Ob sie den zu­sätz­li­chen Ver­kehr be­wäl­ti­gen kann oder zu­vor noch aus­ge­baut wer­den muss, ist aber un­klar. Zu­dem gibt es in Mar­ghera kei­ner­lei In­fra­struk­tur für Kreuz­fahrt­schiffe. Pläne da­für müss­ten erst aus­ge­ar­bei­tet wer­den.

Die ent­schei­dende Frage ist aber, ob sich die Re­gie­rung in Rom dies­mal ge­gen die In­ter­es­sen der Kreuz­fahrt­in­dus­trie und des Ha­fens von Ve­ne­dig durch­set­zen kann. Schon 2014 hatte das Um­welt­mi­nis­te­rium ein Ver­bot für Kreuz­fahrt­schiffe mit mehr als 96.000 BRZ im Giudecca-Ka­nal aus­ge­spro­chen, das dann aber von ei­nem re­gio­na­len Ge­richt wie­der auf­ge­ho­ben wurde, weil es „un­ver­hält­nis­mä­ßig ge­gen öf­fent­li­che und pri­vate In­ter­es­sen“ ver­stoße.

Ve­ne­dig (c) pix­a­bay

Nach­dem die UNESCO im Jahr 2016 so­gar mit dem Ver­lust des Welt­kul­tur­erbe-Sta­tus für Ve­ne­dig ge­droht hatte, kün­digte die ita­lie­ni­sche Re­gie­rung 2017 neu­er­lich ein Ver­bot für alle Kreuz­fahrt­schiffe an – dies­mal mit mehr als 55.000 BRZ. Alle an­de­ren soll­ten nach Mar­ghera fah­ren. Um­ge­setzt wurde diese Re­ge­lung aber nicht – und so schi­cken die Ree­de­reien auch wei­ter­hin ihre Kreuz­fahrt-Gi­gan­ten in die La­gu­nen­stadt.

Selbst ein spek­ta­ku­lä­rer Zwi­schen­fall im Juni 2019, als die MSC Opera auf dem Gui­decca-Ka­nal au­ßer Kon­trolle ge­riet und ge­gen ein am San Ba­si­lio Cruise Ter­mi­nal lie­gen­des Fluss­schiff krachte, än­derte nichts daran – und das galt auch für ein Miss­ge­schick der Costa De­li­ziosa, die im Juli 2019 wäh­rend ei­nes Sturms bei­nahe ge­gen die Ufer­pro­me­nade ge­kracht wäre, ehe die Schlep­per im letz­ten Au­gen­blick noch das Schlimmste ver­hin­dern konn­ten.

Ve­ne­dig (c) tra­vel by tropf

Ein­zig Royal Ca­rib­bean be­wies im ver­gan­ge­nen Jahr er­staun­li­che Weit­sicht, als der Hei­mat­ha­fen für die Mit­tel­meer-Kreuz­fahr­ten der Rhap­sody of the Seas im Som­mer 2021 von Ve­ne­dig nach Ra­venna ver­legt wurde. Als Grund für die­sen un­ge­wöhn­li­chen Schritt nannte die ame­ri­ka­ni­sche Ree­de­rei da­mals „zu­neh­mende Be­den­ken hin­sicht­lich der Zu­kunft der Kreuz­fahrt in Ve­ne­dig“…

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Wolfgang Tropf

Wolfgang ist seit 25 Jahren als Reisejournalist tätig. 2013 gründete er das Online-Reisemagazin travel4news. Nach mehr als 110 Kreuzfahrten auf rund 60 verschiedenen Schiffen kennt er die Produkte aller wichtigen Kreuzfahrtlinien aus eigener Erfahrung. Der Start von cruise4news im Jahr 2019 war da nur ein logischer Schritt.
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